Auf dem Hof von Bauer Andreas Hirschi aus Madiswil steht das Tierwohl an oberster Stelle. Dazu gehört auch, dass das Tier dort sterben kann, wo es gelebt hat. Für die Hofschlachtung möchte er sich einen speziell ausgestatteten Anhänger anschaffen.
Pferde, Zwergziegen, Schweine und Kühe wohnen auf dem Hof von Familie Hirschi im oberaargauischen Madiswil. Ein friedlicher Ort, eingebettet zwischen grünen Wiesen. Andreas Hirschi führt dort seinen Bio-Demeter-Betrieb. Für Hirschi steht das Tierwohl an oberster Stelle. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Tiere dort sterben können, wo sie zur Welt gekommen sind – also bei einer sogenannten Hofschlachtung, oder wie es Hirschi lieber nennt: «Stressfrei vom Hof». Was steckt dahinter?
Jede Person muss selbst für sich entscheiden, ob sie Fleisch essen möchte oder nicht – das steht hier nicht zur Diskussion. Wer sich für den Fleischkonsum entscheidet, geht damit klar, dass Tiere getötet werden. In diesem Beitrag geht es um die Art und Weise der Schlachtung.
Nischenmarkt ist noch nicht gesättigt
Seit 2021 sind Hofschlachtungen in der Schweiz erlaubt – natürlich unter strengen Auflagen. Bisher gibt es zwei Anbieter, die Hoftötungen durchführen. Der Markt sei aber noch nicht gesättigt, erklärt Hirschi. Aus diesem Grund möchte er selbst einen solchen speziell ausgestatteten Anhänger für Hofschlachtungen anschaffen. Das hat natürlich seinen Preis. Aus diesem Grund hat Hirschi ein Crowdfunding gestartet.
Hirschi selbst hat im Jahr 2022 die betreffende Ausbildung gemacht und dann ein Jahr lang für eine Firma Hofschlachtungen durchgeführt. «Am Anfang war es sehr emotional. Einfach wenn man daran denkt, dass das Tier, das man tötet, nachher gegessen wird», erzählt Hirschi. Für Hirschi bringt die Hofschlachtung viele Vorteile.
Transport fällt weg und erspart den Tieren Stress
Bei einer «normalen» Schlachtung, wie sie immer noch mehrheitlich praktiziert wird, werden die Tiere einzeln oder in einer Gruppe in einem Anhänger zum Schlachthof gefahren. Fremde Gerüche, anderes Umfeld, unbekannte Personen – diese Situation versetzt die Tiere in Stress.
Was normalerweise auf einem Schlachthof passiert, findet bei der Hoftötung direkt an dem Ort statt, an dem das Tier auch lebt. Diese Art des Schlachtens erspart den Tieren den Transport-Stress – weil sie erst nach der Tötung zum Schlachthof gefahren werden. So können sie auch die letzten Minuten ihres Lebens in ihrer gewohnten Umgebung verbringen.
Hofschlachtung – so funktionierts
Das Tier steht auf einer Plattform mit einem Fanggitter. Anschliessend wird es mit einem Bolzenschuss betäubt, getötet und direkt in den Anhänger gezogen. «Wichtig ist, dass das Tier freiwillig auf die Plattform geht, der Bauer darf es nicht stossen oder ziehen», so Hirschi. Nach der Tötung lässt man es ausbluten und anschliessend geht es auch schon los in Richtung Metzgerei.
Überwacht wird der ganze Prozess mit einer Kamera, sodass nachgewiesen werden kann, dass das Tier nicht gezwungen wurde, sich auf die Plattform zu bewegen. «Ich habe mehrmals erlebt, dass das Tier am Tag X nicht kam. Dann wird der Termin verschoben», so Hirschi weiter. Er sehe es dem Tier meist schon an, wenn er auf den Hof kommt, ob es klappen wird oder nicht. «Das ist, weil wir sehr eng mit den Tieren arbeiten und kommunizieren», erklärt Hirschi.
Bewusster Fleischkonsum soll gefördert werden
Weil der Stress für die Tiere bei einer Hofschlachtung wegfällt, gebe es am Schluss auch qualitativ hochwertigeres Fleisch. Denn Stresshormone verändern unter anderem die Konsistenz des Fleisches. Das ist für Hirschi ebenfalls ein ausschlaggebender Punkt. «Wenn der Mensch Fleisch essen möchte, soll er bewusst Fleisch essen», sagt Hirschi bestimmt. Er ist der Meinung, dass das in Zukunft noch ein viel grösseres Thema wird, als es jetzt schon ist. Auch die Transparenz bezüglich Tierwohl und Tierethik sei essentiell – diese kann bei einer Hoftötung gewährleistet werden. «Die Leute sollen wissen, was sie essen», so Hirschi. Durch die Hofschlachtung haben Konsumenten die Gewissheit, dass ihr Fleisch von Tieren stammt, die in einer artgerechten Umgebung aufgewachsen sind und in Würde vom Hof begleitet wurden.
Was der Bauer nicht kennt...
...das findet er trotzdem gut. Hirschi hat schon viel Feedback von Berufskollegen erhalten, und dieses sei durchweg positiv. Die Bauern seien zufrieden, wenn sie sehen, dass ihre Tiere dort sterben, wo sie geboren wurden – und auch die Metzger hätten trotzdem noch ihre Arbeit.
Die Konsumenten von der Hofschlachtung zu überzeugen, sei da am Anfang schwieriger gewesen. «Die Qualität des Fleisches ist einfach eine andere und die hat halt auch ihren Preis», so Hirschi. Er ist überzeugt, dass diese Art des Schlachtens Zukunft hat – trotz höherem Aufwand für die Bauern und teurerem Endprodukt.
Autorin: Deborah Wyser
Erschienen auf: 32 Today
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